Sonntag, 23. Juni 2013

Sorgen

Sorgen beziehen sich immer auf etwas Zukünftiges, also auf etwas, das noch nicht eingetroffen ist. Deshalb ist der sich sorgende Mensch ein passiver Mensch. Er kann nichts tun, denn könnte er etwas tun, müsste er sich nicht sorgen. Wir sollten uns nur um das bekümmern, was wir durch unser Tun und Wirken verändern können. Alles andere können wir nur anbeten oder verteufeln, das heißt als unbesiegbare Autorität anerkennen.

Die Sorgen stehen selten in einem angemessenen Verhältnis zu dem, was sich  tatsächlich ereignet. Viele Sorgen sind überhaupt grotesk voluminös. Wie kommt es, dass wir es denn Sorgen gestatten, unsere Gegenwart mit Gedanken an eine Zukunft zu verdüstern, die sich ohnehin ganz anders darstellen wird? Warum opfern wir den Augenblick, in dem wir allein glücklich sein können, um an ein Morgen zu denken, das uns das Glück allenfalls zu versprechen vermag?

Nur im Jetzt können wir leben und wirken. Stellen wir uns einen Menschen vor, der glücklich gelebt und kaum jemals an die Zukunft gedacht hätte. Wie schwer könnte einen solchen Menschen ein Unglücksfall treffen? Was wäre vorzuziehen? Ein Leben in Sorge führen und es ohne größere Rückschläge vollenden? Oder es unter großen Schmerzen ganz verbrauchen im Kristallisationspunkt des ewigen Jetzt? Haben wir überhaupt diese Wahl?

Das Besorgende ist nicht nur noch nicht eingetreten, es ist zudem auch ungewiss. Wer sich sorgt, weiß nicht, was passieren wird, zieht einen ungünstigen Ausgang jedoch in Betracht. Anders verhält es sich, wenn wir wissen, dass uns etwas Schlimmes ereilen wird. Wir alle wissen, dass wir sterben werden. Darum brauchen wir uns keine Sorgen zu machen, dass wir sterben könnten. Gleichzeitig glauben wir, dass unser letzter Tag noch lange nicht gekommen ist. Unser Tod ist gewiss, wir nehmen ihn für jetzt aber nicht als wahrscheinlich an. Jeden Tag könnten wir sterben, aber wir glauben nicht an den Tod - nicht an unseren Tod.

Oft empfinden wir Schuldgefühle gegenüber unseren Sorgen, weil wir ihnen zu wenig Aufmerksamkeit entgegengebracht haben. Es beruhigt auf eigentümliche Weise, sich Sorgen zu machen. Das Ungewisse verschwindet, weil man den schlimmstmöglichen Ausgang bereits für feststehend annimmt. Da man vom Schlimmsten ausgeht, verliert die Ungewissheit ihre nervenzerfetzende Wirkung über uns. Das heißt nicht, dass irgendein Problem gelöst worden wäre, ganz im Gegenteil: Durch unsere Resignation wird es veredelt. Wir machen es zu einer Autorität über uns.

2 Kommentare:

  1. Insoweit sollten wir die Zeit nutzen, im hier und jetzt leben. Das wir dem Tod gewiss sind , sollte uns nicht lähmen. Ändern können wir es nicht. Wenn wir nur ständig in Sorge und Angst vor allem was kommt leben, ist kein Platz mehr, überhaupt noch zu denken, zu atmen, zu leben und verpassen all das was uns noch an neuem, schönem begegenen kann. LG von Frank

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  2. Danke für deine Worte. Versuchen wir unser Bestes, ihnen Wahrheit zu schenken. LG Karsten

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